Kommt jetzt der zweite #JeSuisCharlie? Und was ist seit dem ersten passiert?
- Benni

- 13. Sept.
- 6 Min. Lesezeit
2015 wurden zwölf Menschen in Paris erschossen – weil sie sich erlaubt hatten, Witze über den angeblichen Propheten Mohammed zu machen. Ich erinnere mich noch gut: Über alle politischen Lager hinweg herrschte Empörung, Solidarität, Trauer. Menschen gingen auf die Straße. Der Hashtag #JeSuisCharlie stand für Meinungsfreiheit, für Mut, für ein kollektives „So nicht!“.
Zehn Jahre später, vorgestern, wird Charlie Kirk erschossen. Vor seiner Frau. Vor seinen Kindern. Vor Hunderten Zeugen. Ich kannte Charlie Kirk seit 2018. Ich habe seine Videos verfolgt. Mal mehr, mal weniger geteilt, was er sagte.Seit 2016 beobachte ich, wie sich unsere Gesellschaft spaltet. Ich war auf keiner #WirSindMehr- und keiner Pegida-Demo. Ich habe die Mechanismen beider Seiten versucht zu analysieren, seit 2017 öffentlich in meinem Podcast. Autoren wie Jonathan Haidt, Daniel Kahneman und Karl Popper halfen mir, die Dynamik zu verstehen.
Ich war immer überzeugt: Die meisten Menschen in unserer Gesellschaft teilen dieselben Grundwerte. Wir reiben uns nur auf, weil Identität, Gruppenzugehörigkeit und emotionale Reflexe Differenzierung unmöglich machen.2020 las ich Rolf Dobelli – Stop Reading the News. Es veränderte mein Leben schlagartig. Ich war präsenter, funktionaler, einfühlsamer. Dort, wo es zählt: im echten Leben. Unsere Kinder wurden 2022 und 2023 geboren – Fritz und Rosa.
Als die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfiel, erfuhr ich es zwei Wochen später. Mein System funktionierte: kein Fernsehen, keine News-Apps, kein politischer Podcast. Mein Algorithmus fütterte mich mit Krypto, Fitness und Marktanalysen. Aber irgendetwas zog mich wieder hinein. Vielleicht waren es die Bilder der Palästina-Demos. Vielleicht war es die Tatsache, dass es nochmal etwas anderes ist, eine Tochter in die Welt zu setzen, als einen Sohn. Meine Kinder haben mich sicherlich konservativer gemacht. Ich möchte die Welt konservieren, die ich für die beste aller Welten halte. Plötzlich schaute ich wieder hin, wie die Welt sich entwickelte.Und dann war auch Charlie Kirk wieder in meiner Timeline.
Vor drei Wochen sah ich ein Video von ihm. Er sprach mit einem als Frau lebenden Mann. Ohne Häme, ohne Abwertung, aber klar: „Die Übergriffigkeit liegt nicht darin, dass ich dich als Mann bezeichne. Die Übergriffigkeit liegt darin, dass du von mir verlangst, dich als Frau zu bezeichnen – obwohl du ein Mann bist.“ Er berief sich auf die XY-Chromosomen. Er zog eine persönliche Grenze. Freundlich. Klar. Ehrlich.
In diesem Moment wurde mir erneut bewusst, wo heute die Trennlinien verlaufen:Konservative und Liberale lassen sich nicht vorschreiben, wie sie die Welt zu sehen haben. Progressive sehen es als moralische Pflicht, anderen vorzuschreiben, wie sie die Welt sehen sollen.
Ich bin 41 Jahre alt. Ich will nicht, dass mir jemand vorschreibt, wie ich zu denken habe. Ich respektiere jeden Menschen in seinem Leben. Aber ich erwarte dasselbe zurück – Respekt vor meiner Lebensweise. Dass das inzwischen zu einem revolutionären Akt geworden ist, sagt einiges über den Zustand unserer Gesellschaft.
Meine Großmutter wurde 1917 geboren und starb 1999. Ich bin froh, dass ich ihr nicht mehr erklären muss, dass ein männlicher Neonazi heute legal in ein Frauengefängnis verlegt werden kann, wenn er sich als Frau identifiziert. 2025 – Marty McFly machte uns Hoffnung auf fliegende Autos, stattdessen das.
Charlie Kirk war gläubiger Christ – das bin ich nicht. Er hatte ein Idealbild von Familie – das habe ich nicht. Er unterstützte Trump selbst nach dem Sturm aufs Kapitol – das tat ich nicht.Und doch war er mir in den letzten Monaten viel näher als das meiste, was ich im gleichströmigen „Mainstream“-Meinungsbild sah: seine Haltung zu Israel. Sein klarer Blick auf die westliche Zivilisation. Seine Fähigkeit, trotz Gegenwind an einer faktenbasierten Diskussion festzuhalten. Seine Liebe zur westlichen Welt. Die westliche Freiheit. Die Freiheit, die unsere Gesellschaft zur besten gemacht hat, die es je gab.
Ich wünsche mir für meine Kinder genau das, was Charlie Kirk sich für seine gewünscht hat: Ein Aufwachsen in intakten Familien.In Eigenverantwortung.In Liebe.In Selbstbestimmung.Unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Hautfarbe.Seine Gegner sprechen ihm all das ab. Sie framen ihn als Rassisten, als Frauenfeind. Aber sie hören nicht, was er sagt. Sie hören nur, was sie hören wollen. Emotion über Argument. Framing über Zuhören. Manipulation über Verständnis.
Israel ist ein Ort der Freiheit – umgeben von frauen- und schwulenfeindlichen Regimen.
Die Hamas trägt die volle Verantwortung für den Krieg in Gaza.
Männer und Frauen unterscheiden sich biologisch – und ergänzen sich im besten Fall in ihrer Unterschiedlichkeit.
Migration funktioniert nur im Einklang mit dem Recht und mit Respekt für die Kultur des aufnehmenden Landes.
Der Islam ist dann unproblematisch, wenn er spirituell privat gelebt wird – und wird dann gefährlich, wenn er politisch organisiert ist. All das lässt sich belegen. Charlie Kirk sagte es öffentlich. Ich unterschreibe jedes Wort davon. Und ich weiß: Millionen Menschen weltweit würden es ebenfalls unterschreiben.
Ich bin Charlie Kirk. Stimmst du diesen Sätzen zu? Dann bist du Charlie Kirk.
Und jetzt? Sind wir „umstritten“?
Sind wir „kontrovers“?
Ist es jetzt okay, uns zu erschießen? Wird die Comedy-Industrie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch über unseren Tod Witze machen? Werden Satiriker wie El Hotzo dafür gefeiert, sich über uns lustig zu machen, während unsere Kinder um uns weinen? Wird Dunja Hayali in einem rhetorischen Meisterstück den Mord zwar benennen, uns aber so framen, dass es irgendwie „nicht richtig“, aber eben auch nicht tragisch war, dass wir tot sind?
Es gibt Menschen, die über Kirks Tod lachen. Das ist widerlich.Aber bei genauerem Hinsehen erkennt man: Diese Menschen haben vermutlich noch nie die Tiefe des Lebens gespürt, die Kirk in sich trug. Man muss ihnen nicht widersprechen. Man muss sie nicht bekämpfen. Sie sind bereits gestraft genug.
Mir tut sein Tod weh. Richtig weh. Ich wachte morgens auf und hoffte, es sei ein böser Traum. Seit Mittwoch ist ein weiteres Stück Hoffnung in mir gestorben. Die Hoffnung, dass meine Kinder die Freiheit spüren werden, in der ich aufgewachsen bin. Ich bin – wie Frank Drebin in „Die nackte Kanone“ – jemand, der sich eine Welt wünscht, in der man aus der Toilette trinken kann, ohne Ausschlag zu bekommen.Unsere westliche Welt ist diese Welt. Oder war es zumindest.Ob sie es bleibt, hängt davon ab, wie wir mit jenen umgehen, die sie verändern oder zerstören wollen.
Die westliche Welt hat mehr Feinde denn je. Ich will nicht, dass meine Kinder unter russischer, chinesischer, sozialistischer oder islamistischer Herrschaft leben. Ich wünsche mir ein vereintes Europa – nicht gleichgeschaltet, sondern vielfältig. Ein Leuchtturm der Freiheit. Gebaut auf griechischer Philosophie, römischem Recht und christlicher Ethik.Ich erinnere mich noch daran, wie Guido Westerwelle beschimpft wurde, als er von „spätrömischer Dekadenz“ sprach. Heute frage ich: Was genau, wenn nicht das, ist unsere Realität? Wir leben im Wohlstand – aber viele wissen nicht mehr, wie man ihn erhält, weil sie nie gelernt haben, wie man ihn erarbeitet.

Heute Morgen lag dichter Nebel über München . Keine Proteste. Keine Aufstände. Nichts. Konservative und Liberale gehen nicht auf die Straße. Sie meiden das Kollektiv. Sie leben für sich. Sie stehen für ihre Werte – leise, aber klar. Sie glauben nicht daran, andere bekehren zu müssen. Für sie ist jeder Mensch mündig genug, seinen eigenen Weg zu finden. Der Progressiven liebstes Hobbie ist das genaue Gegenteil davon: Belehren, Ermahnen, Einfordern und bei nicht gehorchen Canceln.
Ulf Poschardt nennt diese Klientel das „Shitbürgertum“. Leute, die sich auf Kosten des Steuerzahlers in allen Institutionen breit gemacht haben. Sie fordern statt zu Leisten. Finanziert von jenen, die sich selbst nicht aufgeben und trotz allen Widerständen noch versuchen, irgendetwas am Laufen zu halten.
Was ist seit 2015 eigentlich passiert?
Was, wenn der Anschlag auf Charlie Hebdo heute stattfände?
Würde der Hashtag #JeSuisCharlie heute als „menschenverachtend“ geframet werden? Als islamfeindlich?
Sind wir so weit in der Täter-Opfer-Umkehr?
Der 7. Oktober war grausam, aber ...
Der Tod von Liana K. war erschütternd, aber ...
Der Mord an Iryna Zarutska war schrecklich, aber ...
Der Mord an Charlie Kirk war nicht legitim, aber ...
Welcher Mensch verdient es, dass sein Tod mit einem „aber“ relativiert wird?
Als George Floyd 2020 durch einen Polizisten starb, gab es Massenproteste, zerstörerische Aufstände und mit #blacklivesmatter direkt den passenden Hashtag zum kollektiven Virtue Signaling. Da hörte ich kein „Aber“. Keine Politiker, der Vorsicht bot, jetzt nicht alle Polizisten zu verallgemeinern.
Kein Nachrichtensender, der die Nachricht kleinspielte, um nicht Tausende von Polizisten des Generalverdachts auszusetzen.
Die westliche Welt steckt im Würgegriff der emotionalen Erpressung linksradikaler Wahnideen, und keiner schreit auf, um nicht der Unmenschlichkeit bezichtigt zu werden. Dabei geht es schon längst nicht mehr um Menschlichkeit. Es geht um Kontrolle, Macht und die Deutungshoheit.
Ich habe es satt, mir die Welt von Menschen gestalten zu lassen, die augenscheinlich noch nicht mal ihr eigenes Leben mit dem Ergebnis eigener Zufriedenheit gestalten können.
Ich werde Charlie Kirk nicht in der Erinnerung behalten, wie ihn die öffentlich-rechtlichen Medien framen wollen. Ich behalte ihn als das in Erinnerung, was er war: Ein liebender Vater. Ein Ehemann. Ein Mensch, der friedlich, gewaltfrei und im wertschätzenden Dialog für das einstand, was er für richtig hielt. Genau wie ich. Wenn es okay ist, ihn abzuknallen – dann knallt auch mich ab.


Kommentare